Die meisten Männer sind für Gleichstellung, fühlen sich von Gleichstellungspolitik aber nicht angesprochen. Warum die Ampelregierung das Interesse von Männern besser nutzen sollte.
Im Koalitionsvertrag der Ampel heißt es vollmundig: „die Gleichstellung der Geschlechter muss in diesem Jahrzehnt erreicht werden“. Die Bilanz der Regierung fällt aus Sicht des Bundesforum Männer jedoch mager aus. Männer in Teilzeit, Väter am Wochenbett und männliche Vorbilder in Kitas und Grundschulen sind noch immer die Ausnahme. Dabei sind viele Männer bereit, veraltete Rollenbilder zu entstauben.
Es ist für die Partnerschaft gut, wenn beide berufstätig sind – diese Einschätzung teilen insgesamt 83 %* der Männer. Immer mehr Männer nehmen die berufliche Eigenständigkeit ihrer Partnerin und gleiche Augenhöhe in der Partnerschaft als Gewinn wahr. Das hat nicht nur ökonomische Gründe, sondern wird vor allem als qualitative Bereicherung der Partnerschaft gesehen.
Das Selbstverständnis von Vaterschaft hat sich verändert: Viele Väter wünschen sich mehr Zeit und Verantwortung bei der Versorgung ihrer Kinder. Sie wollen die Erziehung mitgestalten, das eigene Kind erleben und aufwachsen sehen. Mehr als drei Viertel der Männer fänden es gut, wenn beim Elterngeld die nicht übertragbaren Partnermonate ausgeweitet werden.
Die Vorbehalte gegen Teilzeit-Erwerbstätigkeit bröckeln und viele Männer gehen nicht mehr davon aus, dass Teilzeit ein Karriere-Killer ist. 83 % aller Väter mit Kind(ern) im Vorschulalter und 88 % der Väter mit Kind(ern) zwischen 6 und 18 Jahren erwarten von Unternehmen, dass es für Väter genauso akzeptiert ist wie für Mütter die Erwerbstätigkeit zu reduzieren, um sich um den Nachwuchs zu kümmern.
86 % aller Männer halten Maßnahmen, um mehr Männer für soziale Berufe zu gewinnen, für nützlich. Gegenüber 2015 (70 %) ist das ein Anstieg um 16 %. Das zeigt deutlich, dass Männer in Care-Berufen wichtig sind und gebraucht werden.
Verpasste Chancen
Als Bundesforum Männer sehen wir insbesondere die im Koalitionsvertrag angekündigte bezahlte Freistellung für Väter nach der Geburt eines Kindes (die sogenannte „Familienstartzeit“) als eine zentrale Maßnahme, von der alle profitieren. Die Vaterschaftsfreistellung ist ein wichtiger Schritt, um Väter von Anfang an stärker zu beteiligen und Familien einen leichteren Start in die Familienphase zu ermöglichen. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil Paare mit der Familiengründung die zentralen Weichen für die weitere Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit stellen.
Der vorliegende Gesetzentwurf befindet sich seit März 2023 in der Ressortabstimmung. Vorgesehen war, dass das Gesetz im Januar 2024 in Kraft tritt. Bislang gibt es keine Aussage der Bundesregierung dazu, wann das Gesetz verabschiedet werden soll. Das ist eine verpasste Chance, um Männer sowohl von Gleichstellung als auch von der Wirksamkeit gleichstellungspolitischer Maßnahmen zu überzeugen.
Gemeinsam mehr erreichen
Dass die Gleichstellung der Geschlechter nur gemeinsam erreicht werden kann, liegt auf der Hand. Dafür muss die Gleichstellungspolitik Männer als Unterstützer der Anliegen von Frauen einbeziehen, aber eben auch auf ihre Anliegen und Bedarfe eingehen. Mehr als zwei Drittel aller Männer sind der Auffassung, dass Gleichstellungspolitik sich nicht ausreichend um die Belange von Männern kümmert. Genauso viele Männer sagen auch, dass noch zu wenig für Frauen getan wird. Die Aussagen können als Botschaft an die Gleichstellungpolitik verstanden werden, gleichstellungspolitische Maßnahmen nicht nur vollmundig anzukündigen, sondern auch tatkräftig umzusetzen – für Frauen, Männer und alle Geschlechter. Andernfalls beschert die Ampelregierung dem Lager der Gleichstellungsgegner weiter Zulauf.
Quelle: Bundesforum Männer