Auch nach einer Adoption ist die leibliche Mutter dem Kind gegenüber grundsätzlich zur Auskunft über die Identität des leiblichen Vaters verpflichtet. Denn auch adoptierte Kinder hätten ein Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung, entschied der für familienrechtliche Fragen zuständige Zwölfte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH).

Demnach kann ein adoptiertes Kind von seiner leiblichen Mutter Auskunft über den Namen des leiblichen Vaters verlangen. Kann sich die Mutter nicht erinnern an ihn, muss sie jene Männer benennen, mit denen sie in der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr hatte oder damalige Kontaktpersonen fragen, die Hinweise auf mögliche Erzeuger geben könnten, so der BGH.

Im konkreten Fall ging es um eine 1984 geborene Frau, die von ihrer leiblichen Mutter erfolglos Auskunft über ihren leiblichen Vater verlangte. Die Mutter hatte die Antragstellerin im Alter von 16 Jahren geboren. Die Tochter wurde als kleines Mädchen zur Adoption freigegeben. Nach der Adoption sahen sich die beiden erst im Jahr 2003 auf Vermittlung des Jugendamts wieder.

Wer der leibliche Vater des Kindes ist, blieb unklar. Ein im Jahr 1985 durchgeführtes Vaterschaftsfeststellungsverfahren blieb ebenso erfolglos wie ein Vaterschaftstest bei einem weiteren Mann. Die Mutter gab an, sich nicht an den Vater erinnern zu können.

Die Tochter klagte vor Gericht die Auskunft über den leiblichen Vater ein – zunächst erfolglos vor dem Amtsgericht Stuttgart. Das Stuttgarter Oberlandesgericht verurteilte die Mutter dann dazu, alle Männer zu nennen, mit denen sie in der fraglichen Zeit Sex hatte. Dagegen legte sie Beschwerde ein, die nun zurückgewiesen wurde.

Der BGH entschied, dass die adoptierte Antragstellerin einen Rechtsanspruch auf Kenntnis ihrer Abstammung habe. Dass die leibliche Mutter nach der Adoption des Kindes nicht mehr die rechtliche Mutter sei, stehe dem Auskunftsanspruch nicht entgegen. Denn der Anspruch sei bereits vor der Adoption entstanden. Der BGH verwies auf die Beistands- und Rücksichtspflicht von Eltern und Kindern.

Die Mutter habe auch nicht vorgetragen, dass mit der Benennung der möglichen Väter ihr Recht auf Achtung ihrer Privat- und Intimsphäre verletzt werde. Allein die Mitteilung, dass sie sich an keinen möglichen Erzeuger erinnern könne, reiche zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs nicht aus, so die Richter. Auch habe sie nicht dargelegt, „dass ihr eine Erfüllung auch nach Einholung der ihr zumutbaren Erkundigungen unmöglich ist“.

Der Staat sei außerdem dazu verpflichtet, den Einzelnen vor der Vorenthaltung von verfügbaren Informationen über die eigene Abstammung zu schützen, befand das Gericht. Es gehe nicht allein um die Durchsetzung finanzieller Interessen, erklärte der BGH. Vielmehr werde das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung gestärkt. Zu finden unter Aktenzeichen: XII ZB 183/21
Quelle:
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