Am 29. Mai 2025 ist Vatertag. Ein Tag, der Anlass gibt, über Rollenbilder, Erwartungen und Rahmenbedingungen für aktive Vaterschaft nachzudenken. Aus Sicht des Bundesforum Männer ist der Vatertag eine Gelegenheit, den Blick auf moderne und aktive Vaterschaft zu lenken: auf Väter, die sich kümmern. Die begleiten. Die da sind. Die Verantwortung übernehmen. Für ihr soziales Umfeld und für die Haus- und Sorgearbeit, die in einer Familie anfällt.
Moderne Väter wollen präsent sein – im Alltag ihrer Kinder und in der Gestaltung des Familienlebens. Doch wollen allein reicht nicht. Sie müssen es auch tun. Dafür braucht es auch geeignete Rahmenbedingungen. Hier ist die Politik gefordert, ermöglichende Strukturen zu schaffen und weiterzuentwickeln. Ein zentrales Instrument hierfür ist das Elterngeld.
Dr. Dag Schölper, Geschäftsführer BFM
Das Elterngeld: Ein zentraler Baustein aktiver Vaterschaft
Seit seiner Einführung im Jahr 2007 hat sich das Elterngeld zu einer der bedeutendsten familienpolitischen Leistungen entwickelt. Anders als das frühere Erziehungsgeld ist es als Lohnersatzleistung konzipiert: Eltern erhalten in der Regel 65 % des wegfallenden Nettoeinkommens, bei Geringverdienenden bis zu 100 %. Der Mindestbetrag liegt bei 300 € und der Höchstbetrag bei 1.800 € monatlich.
Vorteile für Väter und Familien:
- Ermöglicht einen Einkommensausgleich bei einer familienbedingten Auszeit aus dem Beruf oder bei einer Reduktion der Arbeitszeit.
- Fördert mit den zusätzlichen Partnermonaten die partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit.
- Macht väterliche Sorgearbeit sichtbarer – auch in der Arbeitswelt.
- Schafft Anreize für Väter, sich von Anfang an in die Kindererziehung und -betreuung einzubringen und früh eine eigene Vater-Kind-Beziehung aufzubauen.
Über 46 % aller Väter nehmen mittlerweile Elterngeld. Noch immer beziehen Väter mehrheitlich aber nur zwei Monate. Damit bleibt das Potenzial zur Förderung gleichberechtigter Elternschaft weitgehend ungenutzt.
Elterngeld-Reform durch Schwarz-Rote-Bundesregierung?
In ihrem Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD für diese Legislatur eine Reform des Elterngeldes angekündigt – und dabei auch gleichstellungspolitische Zielsetzungen im Blick. Konkret sollen Anreize für mehr Partnerschaftlichkeit gesetzt werden, insbesondere für mehr Väterbeteiligung in alleiniger Verantwortung. Als geeignete Maßnahmen werden benannt:
- Erhöhung der Lohnersatzrate auf mehr als 65 % – ob insgesamt oder nur für einen Teil der Elterngeldmonate, das bleibt erst mal offen.
- Anzahl und Aufteilung der Bezugsmonate soll geändert werden. Statt des bisherigen12+2-Modells wäre bspw. 8+3+3 oder 6+4+4 denkbar. Oder eben auch mehr als insg. 14 Monate.
- Die Einkommensgrenze und der Mindest- und Höchstbetrag sollen spürbar angehoben werden. Genaue Zahlen werden nicht genannt, aber verschiedene Berechnungen zeigen, dass inflationsbereinigt die Untergrenze mindestens bei 400 Euro liegen und die Obergrenze auf ca. 2.400 Euro angehoben werden müsste
- Eine lange überfällige Flexibilisierung der Berechnungsgrundlage bei Selbständigen soll eingeführt werden.
Als Bundesforum Männer halten wir diese geplanten Maßnahmen für dringend geboten, um das Elterngeld weiterzuentwickeln. Über die Reform des Elterngeldes hinaus bräuchte es allerdings noch weitere Maßnahmen, um Väter zu aktivieren und zu gewinnen, um Sorgearbeit gerechter zwischen den Geschlechtern zu verteilen und insgesamt dazu beizutragen, dass „Caring Masculinities“ zum selbstverständlichen Leitbild nachhaltiger Männlichkeit wird. Eine bezahlte Vaterschaftsfreistellung nach Geburt, wie in der letzten Legislatur als Familienstartzeit geplant, wäre eine solche Maßnahme. Die neue Bundesregierung konnte sich darauf in ihrem Koalitionsvertrag allerdings nicht verständigen. Zudem gilt, dass alle Vorhaben des Koalitionsvertrags unter Finanzierungsvorbehalt stehen.
Elterngeld in der Diskussion: Warum es bleiben muss
In den letzten Monaten gab es auch Stimmen in der öffentlichen Debatte, die eine Einschränkung oder gar Abschaffung des Elterngeldes ins Spiel gebracht haben. Angesichts angespannter Haushaltslage auf Bundesebene wurden das Elterngeld in seiner heutigen Form infrage stellen.
Aus Sicht des Bundesforum Männer wäre eine solche Sparmaßnahme familien-, gleichstellungs- und gesellschaftspolitisch ein fatales Signal. Nicht zuletzt, weil Evaluierungen gezeigt haben: das Elterngeld wirkt! Das Elterngeld ist nicht nur eine finanzielle Unterstützung – es ist eine strukturverändernde Maßnahme, die Eltern eine finanziell abgesicherte Zeit für Sorgearbeit im ersten Lebensjahr des Kindes ermöglicht, die die Erwerbstätigkeitsquote von Müttern gesteigert, die die Väterbeteiligung an der Sorgearbeit erhöht und dies kulturell in Betrieben und insgesamt in der Gesellschaft sichtbarer gemacht hat.
Warum das Elterngeld unverzichtbar ist:
- Es schafft zeitliche und finanzielle Freiräume für Väter, sich aktiv um ihre Kinder zu kümmern.
- Es fördert partnerschaftliche Aufgabenteilung von Anfang an – eine Voraussetzung für echte Gleichstellung von Müttern und Vätern.
- Es stabilisiert Familien in der sensiblen Phase nach der Geburt – weil es einen Rahmen schafft, gut und abgesichert in der neuen Lebensphase Familie anzukommen.
- Es sendet ein wichtiges Signal: Sorgearbeit ist wertvoll und notwendig – dies wird gesellschaftlich, politisch und auch ökonomisch anerkannt.
- Es wirkt auch langfristig, weil eine frühe Vater-Kind-Beziehung gestärkt wird und viele Väter, die Elterngeld genommen haben, auch danach mehr Verantwortung für Sorgearbeit übernehmen.
Gerade in einer Zeit, in der Familien vielfältiger und ökonomische Unsicherheiten größer werden, und in der Gleichstellung weiterhin nicht erreicht ist, braucht es nicht weniger, sondern mehr Investitionen in Infrastruktur und Rahmenbedingungen des Sorgens. Und Anreize dafür, Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern gerechter zu verteilen. Denn Sorgearbeit ist gesellschaftlich notwendige Arbeit. Und ohne, dass dafür jemand Sorge trägt und diese übernimmt, wären Erwerbsarbeit und wirtschaftliche Tätigkeit in der Form, wie sie für uns heute selbstverständlich ist, nicht möglich.
Fazit: Ein Vatertag für die Zukunft
Der Vatertag 2025 ist mehr als ein symbolischer Anlass – er ist ein Aufruf zur Veränderung und Weiterentwicklung. Damit mehr Väter Verantwortung übernehmen, braucht es Rahmenbedingungen, die nicht nur das Wollen ermöglichen, sondern auch das Können. Das Elterngeld bleibt hierbei ein zentrales Instrument – wenn es mutig weiterentwickelt und eine Elterngeldreform in dieser Legislatur tatsächlich umgesetzt wird.