Polizei und Landesaufnahmebehörde Niedersachsen haben am 12. Mai in Bienenbüttel ein Kirchenasyl aufgelöst und eine vierköpfige russische Familie nach Spanien abgeschoben. Vater und Sohn hatten den Kriegsdienst für Russland verweigert. Pastor Tobias Heyden ist schockiert vom Vorgehen der Landesaufnahmebehörde.
Zum ersten Mal seit Jahrzehnten hat das Land Niedersachsen ein Kirchenasyl durch den Einsatz der Polizei beendet und die Schutzsuchenden abgeschoben. Vater und Sohn erhielten auf der Durchreise nach Spanien einen Einberufungsbefehl. Die Familie wollte sich nicht an dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beteiligen und beantragten deshalb in Deutschland Asyl.
Laut Flüchtlingsrat hatte es zuletzt 1998 einen Fall von Räumung eines Kirchenasyls mit anschließender Abschiebung gegeben. Danach hätten alle Innenminister betont, dass auf Zwangsmaßnahmen gegen Personen im Kirchenasyl verzichtet werde. Im April dieses Jahres sei dennoch ein Kirchenasyl von den Behörden aufgelöst worden. Die Abschiebung sei aber gescheitert. Politiker und die Ministerin Daniela Behrens hätten versichert, es habe sich um ein Versehen gehandelt, erläuterte Geschäftsführer Kai Weber dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nach der jetzigen Aktion gehe er aber davon aus, dass nun bewusst eine neue, restriktive Richtung eingeschlagen werde.
Auch in anderen Bundesländern habe es in den zurückliegenden Monaten zum Teil spektakuläre Kirchenasylräumungen gegeben, sagte Weber.
Der Asylantrag ist mit Verweis auf das Dublin-Abkommen abgelehnt worden, da die Familie bereits spanische Visa erhalten hatte.
Die Familie habe sich an den evangelischen Kirchenkreis gewandt. Dieser hat nach sorgfältiger Prüfung das Kirchenasyl für sinnvoll erachtet. Die Ärzte der Mutter hätten von einer Abschiebung dringend abgeraten. Die Prognose zur Integration der Familie sei gut gewesen. Vater und Sohn haben Arbeitsangebote vorweisen können. Die Tochter hat das Lessing-Gymnasium Uelzens besucht. Das Kirchenasyl in Bienenbüttel sei auch mit der Konföderation Evangelischer Kirchen in Niedersachsen abgesprochen gewesen.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche hat derzeit Kenntnis von 594 aktiven Kirchenasylen mit mindestens 780 Personen, darunter etwa 130 Kinder.
Quelle: evangelisch.de