96,3 Prozent der Eltern in Deutschland nutzen Feuchttücher. Damit sind sie das beliebteste Hilfsmittel für die Babypflege. Ökotest hat 30 Baby-Feuchttücher getestet. Das Ergebnis: Nur wenige enthalten bedenkliche Inhaltsstoffe, doch in der Umwelt machen sie alle Probleme.

Mehr als zwei Drittel der Feuchttücher im Test bewertet Ökotest mit Bestnote. Sechs Babyfeuchttücher schneiden nur mittelmäßig ab, ein Produkt fällt mit „mangelhaft“ durch. Gebrauchte Feuchttücher müssen immer im Müll entsorgt werden, nie über die Toilette. Denn sie sorgen für immense Probleme in den Kläranlangen.

Die Windel ist voll? Um Babys Popo sauber zu machen, wäre ein Waschlappen mit warmem Wasser eigentlich das Beste. Hebammen empfehlen das schon immer. Aber: Auf modernen Wickelkommoden stehen meist Feuchttücher. Denn die sind zugegeben unschlagbar praktisch. Für unterwegs allemal.

Umso dringlicher stellt sich die Frage: Was ist denn drin in den Baby-Feuchttüchern? Ökotest hat 30 parfümfreie Produkte unter die Lupe genommen – von der günstigen Eigenmarke bis zum Naturkosmetiktuch.

Die meisten problematischen Substanzen sind aus den Feuchttüchern verschwunden. Über zwei Drittel der Feuchttücher im Test können mit „sehr gut“ empfohlen werden, nur eines fällt durch. Das Ergebnis zeigt: Die Hersteller haben ihre Produkte seit unserem letzten Test verbessert.

Die Tücher sind mittlerweile mit weniger umstrittenen Stoffen konserviert. Denn: Ohne geht es kaum, da sich in dem feuchten Milieu schnell Keime oder Schimmel entwickeln können.

Ganz frei von umstrittenen Stoffen sind die Baby-Feuchttücher allerdings noch nicht. In fünf Produkten kritisieren wir halogenorganische Verbindungen. Halogenorganische Verbindungen sind eine Gruppe von mehreren Tausend Stoffen, von denen manche als krebserregend, viele als allergieauslösend und fast alle als umweltschädigend gelten.

Im Falle der Feuchttücher im Test könnte es sich bei den Verbindungen um Überbleibsel aus der Bleiche des Vliesstoffs handeln. Bei einigen Verfahren setzten die Hersteller möglicherweise noch Chlorverbindungen ein, was die Rückstände erklären könnte.

Der Testverlierer kombiniert mehrere Problemstoffe: Neben halogenorganischen Verbindungen enthalten die Feuchttücher noch PEG/PEG-Derivate, die die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen können.

Hoher Wasseranteil in Feuchttüchern im Test

Dass die Feuchttuchindustrie ganz genau weiß, wie ernst es Eltern mit der sanften Pflege ist, zeigt die Werbung, die das Dilemma der Eltern anspricht. Eltern würden ja gern nichts als Wasser an die Haut ihrer Babys lassen, wollen auf die Dienste der Conveniencetücher aber nicht verzichten. Der Werbetrend geht deshalb zum Feuchttuch mit „99 Prozent Wasser“.

Elf Feuchttücher im Test weisen auf der Verpackung auf einen besonders hohen Wasseranteil hin. Tatsächlich enthalten diese Tücher dann oft weniger verschiedene Inhaltsstoffe, reinigende oder pflegende Zusätze als andere Produkte im Test. Doch sind die Baby-Feuchttücher mit „99 Prozent Wasser“ auch hygienisch einwandfrei?

Je mehr Wasser im Spiel ist, desto mehr dient ein Produkt theoretisch als Nährboden für Keime. Die Tester haben die Feuchttücher deshalb erstmals daraufhin untersuchen lassen, ob sie mit gefährlichen Mikroorganismen belastet sind. Beispielsweise mit Escherichia coli – einem der häufigsten Verursacher bakterieller Harnwegsinfektionen. Alle Marken waren einwandfrei.

Es bleibt das Müllproblem. Denn längst hinterlässt der Feuchttücherboom seine Spuren in der Umwelt: Die Vliese vermüllen Strände und verstopfen Kläranlagen. Zudem bestehen die meisten von ihnen zum Teil aus Plastik.

Viele Hersteller steigen derzeit zwar auf Vliese um, die sie als „biologisch abbaubar“ ausloben dürfen. Wie groß der ökologische Nutzen solcher Produkte ist, gilt jedoch als umstritten. Denn auch diese Tücher bereiten Probleme, wenn Verbraucher sie fälschlicherweise in der Toilette entsorgen. Ein Feuchttuch braucht nur etwa neun Stunden, bis es in der Kläranlage landet. Dort verklumpen die Tücher zu tonnenschweren Zöpfen und müssen aufwendig herausgerecht werden. Die Kommunen schlagen daher seit Jahren Alarm, und das Problem treibt die Abwassergebühren in die Höhe.

Almut Reichart vom Umweltbundesamt befürchtet sogar, dass die Auslobung „biologisch abbaubar“ Konsumenten dazu verleiten könnte, Feuchttücher noch achtloser zu entsorgen – weil sie fälschlicherweise davon ausgehen, dass das kein größeres Problem in der Umwelt oder der Kanalisation darstellt.

Es bleibt also dabei: Feuchttücher sind zwar bequem, ein feuchter Waschlappen wäre aber die bessere Lösung.

Babyfeuchttücher und die Umweltfolgen

  • 11% des an Stränden gefundenen Plastikmülls bestehen aus nicht spülbaren Toilettenartikeln wie Feuchttüchern und Wattestäbchen.
  • 6 Monate braucht ein als „biologisch abbaubar“ deklariertes Feuchttuch etwa zur Zersetzung, manchmal auch nur drei Monate. Der Weg zur Kläranlage dauert neun Stunden. Sie dort zu entsorgen ist teuer.

Die Testsieger, die Testtabelle sowie das gesamte Ergebnis im Detail lesen Sie im ePaper.

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