Das Umweltbundesamt hat in einer Studie bei fast allen untersuchten Kindern Kunststoffe im Körper gefunden. Bei bestimmten Stoffen ist die Belastung gesundheitlich bedenklich.
Auf 15 unterschiedliche Plastikinhaltsstoffe wurden insgesamt 2500 Kinder untersucht. Die Studie erstreckte sich auf den Zeitraum von 2003 bis 2017. Das Ergebnis alarmiert:
„Abbauprodukte von elf der 15 untersuchten Plastikinhaltsstoffen wurden im Urin von 97 Prozent aller Kinder gefunden. Das ist natürlich dramatisch. Solche Stoffe gehören nicht in den Körper der Kinder“, sagte die umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Bettina Hoffmann.
Hinzu komme, dass solche hormonstörenden Stoffe möglicherweise Zivilisationskrankheiten wie Fettleibigkeit, Fruchtbarkeitsstörungen, Krebs und Entwicklungsverzögerungen verursachen könnten.
Die Jüngsten am stärksten betroffen
Die Studie wird einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ zufolge in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Grünen-Anfrage zur Belastung der Bevölkerung mit Chemierückständen zitiert. Die Untersuchung zeige „eindeutig, dass Plastikinhaltsstoffe mit steigender Produktion auch vermehrt im Körper auftreten“, sagte Mitautorin Marike Kolossa-Gehring vom Umweltbundesamt dem Magazin.
Nach ihren Angaben waren in der Studie die jüngsten Kinder am stärksten betroffen. Das sei „wirklich besorgniserregend“, da die Jüngsten auch die sensibelste Gruppe seien. „Es kann nicht sein, dass jedes vierte Kind zwischen drei und fünf Jahren so stark mit Chemie belastet ist, dass langfristige Schäden nicht sicher ausgeschlossen werden können“, sagte Hoffmann. Besonders bedenklich seien die in der Studie festgestellten hohen Werte von Perfluoroktansäure (PFOA). Sie wird beispielsweise für Outdoorkleidung verwendet. Laut Umweltbundesamt ist der Stoff schädlich für die Fortpflanzung und wirkt lebertoxisch. In Textilien ist er ab kommendem Jahr EU-weit verboten.
Plastik findet sich im Kinderalltag fast überall – mit zum Teil fatalen Folgen
Ärmere Familien stärker betroffen
Vom Umweltbundesamt wurde auch das Umfeld der Kinder abgefragt: Ob sie an einer stark befahrenen Straße wohnen, ob zu Hause geraucht wird, welche Produkte im Alltag häufig zum Einsatz kommen – etwa scharfe Putzmittel oder Weichspüler -, oder aus welchen Stoffen etwa die Gardinen und Teppiche bestehen. Das Ergebnis: In ärmeren Familien ist das Umfeld tendenziell belastender und die Kinder haben mehr Plastikrückstände im Körper als Kinder in Familien mit sozial hohem Status.
Aus Sicht der Grünen muss die Politik handeln. Als Verbraucher zu versuchen, Plastik zu vermeiden, reiche nicht. „Tatsächlich kann sich ja niemand von uns wirklich selber davor schützen. Wir wissen nicht, wo wir diesen Stoffen ausgesetzt sind. Deshalb muss die Politik dafür sorgen, das Vorsorgeprinzip zu stärken, und dafür, dass diese Stoffe gar nicht in den Markt kommen“, so Hoffmann.
Noch lange nachweisbar
Wie wichtig es ist, dass bedenkliche Stoffe so schnell wie möglich aus dem Verkehr gezogen werden, zeigt ein weiteres Ergebnis der Langzeitstudie des Umweltbundesamtes. Auch Rückstände von Blei oder dem schon lang verbotenen Pestizid DDT sind im Körper der Kinder immer noch nachweisbar – auch wenn sich im untersuchten Zeitraum von 2003 bis 2017 die Belastung deutlich verringert hat.
Verbote schädlicher Substanzen sind also wirksam. Aber oft dauert es noch Jahrzehnte, bis die Stoffe wirklich verschwinden.
quelle: dw.com